Seit dem Jahre 1988 ist das Radio für mich ein ständiger Begleiter. Die schönsten Radioerlebnisse hatte ich mit DT 64. Meine Lieblingssendungen waren: „Podiumdiskothek“, „Mischmasch“, „Take five“, „Dr. Kaos“, „Hitglobus“, „Everbeats“, „Soundtrack“, „Deutschland im Stau“. Für mich interessante Radioprojekte waren „Die Top 2000 D“ eine Gemeinschaftsproduktion mit dem SDR 3 (August 1990) und die „DT 64 Hitkaravane“, die vom 17. Bis zum 27. Mai 1991 durch Deutschland zog.
Eines morgens, es war ein Freitag im September 1991, sagte mein Vater zu mir: „DT 64 ist heute ein Piratensender.“ Ich dachte damals: „Das ist ja toll, da senden die also von einem Schiff aus.“ Den Ernst der Lage habe ich nicht begriffen, ich war 9 Jahre alt. An jenem Freitag im September, heute weiß ich, dass es der 13. September war, hörte ich zum ersten mal den Slogan „Power von der Eastside.“ Im Nachhinein habe ich mich oft geärgert, dass ich nichts für diesen Sender tat.
Dann gab es im Herbst die Demonstrationen. Mir ist noch der Satz „Alle Hörer aufwachen, es geht ums Ganze! im Gedächtnis. Und in der Zeitgeistrubrik „Kompost“ sagte, ich glaube, es war André Sander, „Von den Schwachen zu wenig gestützt, verstarb Jugendradio DT 64.“ Das war am 15. November 1991. Als mich mein Vater am 20. Dezember 1991 vom Bahnhof abholte, – ich besuchte damals die Blindenschule in Chemnitz -, sagte er: „Die Nachrichten werden heute gesungen.“ An diesem Tag lief der „Stimmbruch“, dies war eine Sendung, in der Prominente für den Erhalt von DT 64 stritten.
Ich habe Jingles und Sendungsausschnitte gesammelt. Die Sendungsausschnitte stammten vom „Piratentag“, vom „Stimmbruch“, und von der Sendung „Deutschland im Stau“. Da sammelte ich die Fernsehausschnitte, die in der Rubrik „Feuer frei auf die erste Reihe“, liefen.
Am 2. August 1993 besuchten mein Cousin und ich unsere Großmutter. Ich hatte meinen Kassettenrecorder und eine Kassette mit den eben erwähnten Jingles und Sendungsausschnitten von zu Hause mitgenommen. Mein Cousin wusste, wie man den Recorder bedient. Irgendwann war er genervt und schaltete den Recorder ab und erklärte: „Wir haben beschlossen, diesen ganzen Quatsch zu löschen.“ Er hat mich nicht gefragt, gewehrt habe ich mich auch nicht, da er älter ist als ich. Und unsere Großmutter sagte: „Genau, diesen Quatsch von dem Idiotensender!“. Ich weiß nicht, warum sie dies gesagt hat. Seitdem hatte ich keine Lust mehr, etwas zu sammeln.
Ich persönlich glaube, dass das Programmschema von DT 64, so wie ich es von 1991 bis 1993 gehört habe, heute noch Erfolg hätte, auch wenn einige behaupten, dass das andere Zeiten waren.
Michael Scholz, September 2013